Seit langer Zeit hatte ich einen Plan im Hinterkopf, die Ostwand, von der Wimbachbrücke aus. Da das Wetter relativ stabil aussah und ich mir den Freitag geistig sowieso schon freigenommen hatte (für eine Tour mit Maaf, die leider ins Wasser fiel), stand schnell fest, das könnte der Tag sein.
Um 4 Uhr startete ich von der Wimbachbrücke mit Walters E-Bike (Stadtrad, Tiefeinstieger) zur Kühroint (½ Stunde, 750 hm). Durch dichten Nebel stieg ich den super rutschigen Rinnkendlsteig nach
Bartholomä ab (1½ Stunden, 50 hm). So weit also zur Zusatzübung, die Beine und viel wichtiger auch der Kopf, fühlten sich gut und so war mein erster großer Umkehrpunkt geschafft. Am Weg durch das Eistal zur Eiskapelle dämmerte es langsam und so konnte ich mir den Wegverlauf bis zur Wasserfallplatte relativ gut einprägen (¾ Stunde, 250 hm). Wie immer wird alles leichter, sobald es hell wird und die, über mir in der aufgehenden Sonne, glühende Ostwand ließ die Zuversicht noch weiter wachsen und entlockte mir fast ein Juchzen. Der unterste Teil, bis zum Schuttkar, war leicht zu finden. Durch die nassen Grashänge und Platten ziehen immer wieder Steigspuren und vereinzelte Steinmanndl weisen auf Abzweigungen und Richtungswechsel hin (1 Stunde, 500 hm). Auch der Weiterweg ist eigentlich leicht zu finden und die Wandbeschreibung im Rasp Ostwand Führer ist äußerst akkurat. Trotzdem sah ich im Schuttkar den einzigen anderen Begeher, wie er am unteren Ende des Kars durch einen grasigen Kamin Richtung Rampe/Rinne klettern versuchte. Nach einigem hin und her kam er wieder ins Kar und wir Ratschten kurz. Da er nur das gezeichnete Topo von Bergsteigen.at bei sich hatte (die eigentlich guten Topos, kann man für so eine unübersichtliche, große Wand getrost in der Pfeife rauchen!), hängte er sich an meine Fersen und wir verließen das Kar am oberen (!) rechten Rand. Nie schwierig, aber immer anregend geht es über Schrofen, Rinnen und Bänder zum 1. und 2. Sporn und zur Wasserfallplatte (1 Stunde, 380 hm). In meiner Planung war diese für mich das große Fragezeichen. Dass ich die Platte ohne weiteres Klettern kann (UIAA III) stand außer Fragen, aber laut einhelliger Meinung aller Rountenbeschreibungen ist die Platte stark steinschlaggefährdet und ich war mir nicht sicher, ob ich das Risiko eines Treffers ungesichert eingehen wollte. An der Platte angekommen entspannte ich mich aber merklich, wie auch den Rest des Tages, gab es nämlich keine fliegenden Steine. Die Platte ist unschwierig, nur die Querung zum Anfang der Platte stellte sich als äußerst unangenehm dar, weil Wasser über den Fels lief und das Unterfangen ziemlich schmierig machte.
Direkt nach der Wasserfallplatte quert man, etwas weniger offensichtlich, nach rechts über ein grasiges Band auf eine Rampe, der man über ein paar Platten (UIAA III) zur Wiese am unteren Ende der Gipfelschlucht folgt (¾ Stunde, 230 hm). Bis hierher war mir der andere Bergsteiger gefolgt, nun wollte/musste er aber eine Pause einlegen, während ich mich der Gipfelschlucht zuwandte. Am Beginn der Schlucht vereinen sich alle Ostwandwege. Die ungefähre Wegfindung hatte ich noch vom Kederbacher mit Peter in Erinnerung und so konnte ich die Tourenbeschreibung im Rucksack verstauen und langsam aber stetig der Biwakschachtel entgegensteigen (1 Stunde, 400 hm). Neben der Biwakschachtel legte ich eine kurze Pause ein und genoss die Sonne, den Ausblick und Tiefblick und einen Müsliriegel.
Ein kurzer Blick in die Tourenbeschreibung half mir die graue Rinne zu den Ausstiegskaminen zu finden. Diese führten mich gestuft zur Schlüsselstelle des Berchtesgadener Wegs, dem 8 Meter Wandl (UIAA III+). Danach sind es nur noch wenige Meter bis zum Gipfel der Südspitze (1 Stunde, 340 hm). Was für ein Tag, was für ein Wetter, was für eine schöne Tour! Nach 4¾ Stunden Konzentration hätte ich nun die ganze Welt umarmen können. Das Spezi und die Wurstsemmel hatte ich mir redlich verdient. Die Fernsicht in der klaren Spätsommerluft war phänomenal und ich genoss einfach die Sonne und die Ruhe. Als nach ein paar Minuten ein paar BergsteigerInnen von der Überschreitung kamen, packte ich zusammen und machte mich auf den Weg zur Mittelspitze (¾ Stunde, 180 hm). Jedes Mal wieder nett und, genauso wie auch der Weiterweg zum Hocheck, relativ einfach ohne Metall zu machen (¼ Stunde, 40 hm). Irgendwann muss ich die Überschreitung auch im Winter probieren.
Am Hocheck ist das Absturzgelände endlich zu Ende, auch wenn man hinunter zum Watzmann Haus noch ein bisschen auf seine Füße achten muss (1 Stunde), kann man es spätestens über den Falzsteig zur Kühroint dann laufen lassen (¾ Stunde). Das Rad an der Kühroint erleichterte mir den letzten Abschnitt hinunter zur Wimbachbrücke ungemein (¼ Stunde), so muss eine Tour enden, nicht mit ewigem Forststraßengehatsche.
Nach 11 Stunden, 3130 hm und knapp 32 km, waren meine Beine dann doch etwas müde, aber in meinem Gesicht war ein fettes Grinsen.
2023_09_15_Ostwand |
Samstag konnte ich Anna für eine kleine Regenerationstour gewinnen. Zusammen stiegen wir über ein kleines, vergessenes Steiglein nordseitig zum Rotofensattel auf (1½ Stunde, 600 hm). Am weiteren Steiglein hinauf zur Brust der Hexe, dem Mittlerer Rotofen, muss man sich zwar hie und da mit den Händen festhalten, aber von Annas früherer "Höhenangst" ist wirklich nichts mehr über (¼ Stunde, 100 hm). Vom Gipfel aus konnten wir eine Seilschaft an der Nase beobachten, das nächste Mal werden Anna und ich dann der Hexe gemeinsam auch auf die Nase steigen.
Für den Abstieg, hatte ich eigentlich auch ein kleines Steiglein geplant, nach ein paar Verhauern im schrofigen Gelände (1 Stunde, 100 hm), stiegen wir dann aber doch über den Agnes Rundweg ab (1 Stunde, 40 hm). Am Panoramaweg angelangt, wartete Anna auf mich, während ich zum Auto zurück joggte (¼ Stunde, 60 hm) und sie abholte.
Eine super Runde mit dem Töchterchen und beste Regeneration ever.