Nach zwei Wochen Arbeit in Dahej, hatte ich endlich einen Tag Zeit mir die nähere Umgebung meines vorübergehenden Arbeitsplatzes anzusehen. Unser Fahrer brachte Ajay und mich zuerst nach Baroda (Vadodara) zum Laxmi Vilas Palace. Wir starteten natürlich typisch Indisch, was heißt mit zweistündiger Verspätung, Zeit ist eben relativ. Vom Palast gings weiter zu unserem eigentlichen Ziel, Pavagadh. Ein Berg mit einem Tempel (Kalika Mata Tempel) am Gipfel (822 m), mitten im ansonsten flachen Land. Mit dem Auto gelangt man über eine Bergstraße zum Plateau Machi Haveli (440 m) von welchem aus der Aufstieg beginnt. Weniger ambitionierte Mitmenschen benutzen für die Bewältigung der 350 hm zum oberen Plateau eine Seilbahn, was für uns natürlich nicht in Frage kam (unter anderem auch wegen der gefühlt 2 km langen Schlange). Der Weg führte über 1000e Treppen, vorbei an 100en Geschäften, bei über 30 °C und einer Luftfeuchtigkeit von mehr als 85% und mit gefühlt 1 Million Indern. Nach etwa 20 Minuten und drei Pausen trennten Ajay und ich uns und ich konnte den Weg zum oberen Plateau mit dem Old Digamber Jain Tempel in meinem Tempo zurück legen (¾ Stunde, 320 hm).
Die Tempelruinen sind etwas abseits vom Hauptweg und dadurch ist man in etwa einer Minute in fast himmlischer Ruhe. Von dort aus führte ein Pfad um den Gipfelaufbau herum und neben einem Pfeiler auf der Westseite hinauf auf das Gipfelplateau mit dem eigentlichen Tempel (¼ Stunde). Ab hier war der Weg dann alles andere als angenehm. Eine Müllkippe querend gelangte ich auf das Dach eines Nebengebäudes über das ich in die Tempelanlage gelangte. Letztlich stand ich wieder in der Schlange, die in den Tempel führte. Eigentlich wollte ich das Innere des Tempels nicht besuchen, da ich mich noch an die ablehnende Haltung der Hindus in den Tempeln in Kathmandu gegenüber Ausländern erinnern konnte. In der Masse an Menschen war aber nicht an eine Bewegung in eine andere Richtung als mit der Masse zu denken und so wurde ich unaufhaltsam ins Allerheiligste des Tempels geschoben (Inder haben übrigens kein Gefühl für das mitteleuropäische Bedürfnis nach persönlichem Raum, also hat man dauernd jemanden der einem in den A**** kriecht, im wahrsten Sinne des Wortes). Als ich vor dem Schrein stand tat ich was alle taten (eine kleine Spende in eine Box) und wollte mich unauffällig verkriechen (unauffällig ist mit über 190 cm mitten unter Indern eine ziemliche Herausforderung), doch vom Schrein her wurde mir gedeutet zurück zu kommen und zu warten, um eine Kokosnuss in die Hand gedrückt zu bekommen. Da stand ich also, mit Kokosnuss und keiner Ahnung was damit anfangen war. Ein hilfsbereiter Inder erklärte es mir, Kokosnuss aufbrechen, heiliges Wasser in der Nuss in alle 4 Himmelsrichtungen verspritzen und glücklich sein. So einfach kann das Leben sein.
Auf dem Weg nach unten besprang mich dann noch eine alte Frau, um mir ein Tika (Tilaka) zu machen, ganz schön mobil diese alten Frauen hier. Kurz darauf traf ich Ajay wieder, wir sahen noch einer rituellen Waschung im oberen See zu und traten den Rückweg an. Etwa 3 Stunden nach unserem Start, stiegen wir wieder ins Auto und ließen uns ziemlich geschafft nach Hause kutschieren.
Eine nette Wanderung, auch wenn für meinen Geschmack viel zu viele Leute unterwegs waren. Klettern wäre in Pavagadh sicher auch möglich. Am oberen Plateau liegen einige sehr schöne Blöcke zum Bouldern (unten im Wald liegen auch welche) und der Gipfelaufbau hat mehrere 1-2 SL Trad.-Klettertouren zu bieten.
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