Donnerstag, Mai 30, 2019

California/Oregon - 01.-25.05.2019

Noch ein letztes Mal vor Pauls Einschulung wollten wir größer verreisen. Wie schon vor drei Jahren gings an die Westküste der USA. Als erster Anlaufpunkt fungierten wieder Jamie und Tommi in der südlichen Bay Area. Am ersten Tag nutzen wir das gute und warme Wetter, um am Indian Rock im Castle Rock State Park klettern zu gehen (South Face, 5.8). Die schöne Sandsteinkletterei im verwilderten Wald ist zum Teil sogar mit Bolts abgesichert, so konnten wir den Jetlag und die Anstrengungen der Reise ganz gemütlich und ohne Angst hinter uns lassen.
Da ein Wochenende anstand, packten Jamie und Tommi Philip ein und zusammen fuhren wir zum Lake Tahoe. Am Weg dorthin kommt man am Sugarloaf vorbei und so kletterten wir noch am Sugarbun die Dirty Dog (5.10b/c). Samstagmorgen hieß es dann für Tommi und mich etwas früher aufstehen. Wir hatten nämlich den Tahoe-Ultraklassiker Bear's Reach (5.7/5.9, 3 SL) am Lover's Leap geplant. Um es vorweg zu nehmen, was für eine geniale Route. Obwohl die Tour nicht wirklich schwer ist, hatte ich etwas Muffensausen. Mit dem Tahoe-Granit hatte ich am Sugarbun etwas Probleme und Bear's Reach ist dazu eine komplette Clean Tour. Aber Tommi meisterte die erste Seillänge und die Bear's Reach Länge ging an mich. Was für eine schöne Kletterei, für den Grad gut ausgesetzt und perfekt absicherbar. Viel zu schnell steht man am oberen Ende der Wand. Mit dieser Tour ging für mich ein Traum in Erfüllung. Die Tour hatte ich mir gewünscht seit dem ich das Speed Free Solo von Dan Osman in Masters of Stone 4 gesehen hatte (übrigens ist die Version von Alex Honnold fast noch besser). Mit 2½ Stunden benötigten wir übrigens nur geringfügig länger als Dan Osman ;) .
Nachmittag war dann für Familienwandern reserviert. Von Emerald Bay wanderten wir zum Teil über ziemlich viel Schnee zu den Cascade Falls und zurück (2 Stunden, 100 hm, 4 km). Am Sonntag ließen wir das Wochenende noch bei einer Wanderung zu den Horse Tail Falls ausklingen (3¾ Stunden, 280 hm, 6 km). Während Jamie, Tommi und Philip zurück mussten, ging unsere Reise weiter nach Norden. Über Placerville fuhren wir die Goldgräberstraße (CA49) über Coloma (wo der Kalifornische Goldrausch begonnen hatte) nach Grass Valley, zur Empire Mine und nach Nevada City. Ein Abstecher in eine andere Zeit.
Der nächste Stop war am Mount Shasta, einem Vulkanriese (4322 m) in den Cascades. Durch den vielen Schnee war an Wandern oder Bergsteigen am Mt. Shasta nicht zu denken, dort war die Skitourensaison noch voll im Gange. An seinem kleinen Nachbarn, dem Castle Peak, konnten wir aber eine Winterwanderung unternehmen. Vom Castle Lake wanderten wir den Hart Lake Trail (3 Stunden, 420 hm, 5 km), vom Castle Lake über den Heart Lake zum Castle Peak mit seinem einmaligen Ausblick auf den Mt. Shasta. Vor allem das Runterrutschen über die Schneeflanken machte den Kindern Riesenspaß. Vollkommen durchnässt machten wir uns auf den Weg in den Crater Lake Nationalpark, mit dem wunderbaren Blick vom Kraterrand in den tiefsten See der USA (immerhin 593 m tief). Der letzte Stop bevor wir wieder zum Klettern kamen, war noch die Lava River Cave und der Lava Butte im Newberry National Volcanic Monument.
Da wir auf unseren Reisen immer nach neuen Klettergebieten suchen, war klar, dass wir in Oregon im Smith Rock State Park vorbei sehen müssen. Smith Rock ist DAS Sportklettergebiet in den USA. Mehr als die Hälfte der ca. 1800 Kletterrouten ist mit Bohrhaken abgesichert, sehr ungewöhnlich für die USA. Im Park gibt es auch einen Walk-in-Campingplatz auf dem wir unsere Zelte aufschlugen. Direkt von diesem Platz aus konnten wir zwei junge Weißkopfseeadler und ihre Eltern in ihrem Horst beobachten. Am nächsten Tag kletterten wir, um uns an den Fels zu gewöhnen, zuerst am Dope de Rope Block. Von links nach rechts (von leicht bis mäßig schwer) gings durch North Slap Crack (5.5), Immortal Beloved (5.9) und Sting Like a Bee (5.10b). Zur Mittagspause ließen wir, im Schatten einiger Bäume, unsere Füße in den Crooked River baumeln und als die Hitze am späteren Nachmittag etwas abnahm, wechselten wir die Flussseite zur Morning Glory Wall und kletterten The Outsiders (5.9) und 5 Gallon Buckets (5.8). Wegen der hohen Temperaturen (fast 30°C) und dem regen Andrang (es war wieder Wochenende geworden) ließen wir am Samstag das Klettern sein und wanderten zum Asterisk Pass (2½ Stunden, 160 hm, 4,5 km), bevor wir am Mount Hood vorbei weiter nach Portland fuhren.
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Mit der Querung von den Cascades über Portland an die Küste kehrten wir den Bergen den Rücken. Nun war Pazifik angesagt. Letzten Herbst hatte ich in Ericeira Blut geleckt und so war klar, dass ich auch im Pazifik surfen musste. Nur die Wassertemperaturen von gerade mal 11°C schreckten mich ein wenig ab. Gleichzeitig mit dem Erreichen der Küste kühlte es noch dazu deutlich ab. Eine Schlechtwetterfront war herein gezogen und obwohl es noch recht sonnig war, stiegen die Temperaturen kaum noch über 16°C. Von Seaside fuhren wir die US101 nach Süden. Vorbei an den Sandsteinformationen von Cape Kiwanda, den jagenden Adlern und Robben am Yaquina Head  und den Oregon Dunes, zur kalifornischen Grenze. In Klamath, dem nördlichen Zugang zum Redwood Empire, stellte sich dann strömender Regen ein. Von wegen It never rains in California. So verspielten Karin und ich ein paar Dollar in einem Indianerkasino und fuhren mit unserem Mietauto durch einen Redwood, alles was man in einem 779-Einwohnernest halt so macht.
Der Regen brachte in den Prairie Creek Redwood State Park und den Redwood National Park eine mystische Stimmung. Und als während unserer Wanderung am Trillium Falls Trail (2 Stunden, 150 hm, 5 km) kurz die Sonne durch die Bäume schien, hüllte uns der dampfende Boden in eine ganz eigene Zauberwelt. Aber damit war unser Aufenthalt bei den Baumriesen noch nicht zu Ende. Südlich von Eureka durchquerten wir den Humboldt Redwood State Park über die Avenue of the Giants und verließen damit das Land der Giganten.
Bei Leggett wechselten wir von der US101 auf den Highway 1. Dieser nördlichste Abschnitt bis nach Stinson Beach fehlte uns nämlich noch auf der wohl bekanntesten kalifornischen Straße. Entlang der zerklüfteten Küste schlängelt sich der Highway bis zur Golden Gate Bridge, vorbei an Fort Ross, einer ehemalig russischen Enklave und Point Reyes, einem Nationalpark und Walbeobachtungspunkt. Schließlich erreichten wir bei strahlendem Sonnenschein die Golden Gate Bridge und schossen tausende Fotos vom Moor Rd Pier und dem Hawk Hill aus.
Unsere Runde hatte sich geschlossen und von Jamie und Tommi aus konnten wir noch ein paar schöne Tagesausflüge unternehmen. Zum Beispiel nach San Francisco, natürlich mit Insidertipps von Jamie und ihrem Kindermädchen (die Schaukel am Bernal Hights ist der absolute Knaller), oder nach Santa Cruz zum Surfen. Das Surfen gestaltete sich bei 1-1,5 Meter Wellen gar nicht so leicht. Mein Ego bekam fast einen Knacks. So mussten wir am nächsten Tag gleich nochmal hin. Siehe da, ein geringfügig längeres Board und etwas kleinere Wellen und schon rockte ich Cowells und traute mich sogar zur Steamer Lane hinaus. Ich bin definitiv immer noch voll angefixt von dem Sport. Panther Beach besuchten wir an den beiden Tagen auch, sind ja nur noch 10 Minuten Weg von Santa Cruz, und der Strand ist einfach schön.
Den Urlaub beendeten wir, wie wir ihn begonnen hatten, mit einem Ausflug zum Castle Rock. Diesmal zwar nicht mehr zum Klettern, das Kletterzeug war schon in den Tiefen eines Koffers verstaut, aber für eine kleine Wanderung zum Castle Rock Fall (2 Stunden, 100 hm, 3 km). Das Ende eines wunderschönen Urlaubs, bei dem wir nicht nur einige Meilen (2916 mi / 4692 km) zurück gelegt haben, sondern vor allem gute Freunde besucht, viel Natur erlebt und tolle Routen geklettert haben.
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