Endlich war unser Bus wieder fit. Nun gab es für uns kein halten mehr. Chanti und Joël würden wir nicht mehr treffen, das sie auf die Kanaren geflogen waren, Judith, Stefan und die Mädels hatten aber einen Stopp in El Palmar südlich von Cadiz eingelegt und zu ihnen fuhren wir. Das letzte Mal Surfen im Atlantik und ein paar entspannte Tage am Camping verbringen, das klang verlockend. Leider machte uns da das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Aber immerhin blieb es bei einem Surftag mit Stefan. Die Dünung war hoch, der Wind stark und ich schluckte ganz schön viel Wasser. Ok, ich habe definitiv Verbesserungspotential, sowohl beim Paddeln wie auch beim Take-off, Spaß machts trotzdem und zwar tierisch.
Und dann kam eine dicke Regenfront und wir flüchteten nach Tarifa, wo wir uns in der Altstadt bei Tapas und Bier vergnügten. Viel mehr kann man dort ja eh nicht machen und so zog es uns nach Gibraltar. Die Nacht in den Hafen- und Industrieanlagen von Algeciras, zwischen Raffinerie und Gasterminal lies mich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder an die Arbeit denken, aber nur kurz. Mit Judith, Stefan und den Mädels verbrachten wir den Vormittag am Europa Point, zwischen Sonne und Starkregen. Dort hieß es endgültig Abschied nehmen. Die Vier hatten nämlich unseren Marokkoplan übernommen und für uns wurde es Zeit die Heimreise Richtung Norden anzutreten. Gibraltar hat neben dem Europa Point auch noch den Felsen zu bieten und genau dort verbrachten wir den Nachmittag. Ausnahmsweise wieder froh über einen kleinen Bus, konnten wir direkt bei der Bergbahn parken und somit fast direkt von der Innenstadt unsere Wanderung starten (3 Stunden, 300 hm, 5 km). Die Wanderung war nicht nur für die Kinder ein Erlebnis, mit den Artilleriestellungen und den ehemaligen Verteidigungsanlagen, Ausblicken bis Afrika und nicht zuletzt den Affen, ist Gibraltar definitiv einen Besuch wert. Laut einer Überlieferung werden die Briten so lange über Gibraltar herrschen, solange es Affen auf dem Felsen gibt. Winston Churchill soll deshalb 1942 extra den Befehl gegeben haben in Nordafrika Berberaffen von einem Expeditionskorps fangen zu lassen, um nicht die Kontrolle über den Fels an der Meerenge zu verlieren. Ob es nun an den Affen lag, oder einfach an den guten Verteidigungsanlagen, die Briten sind immer noch dort und die Affen werden gehegt und gepflegt. Aufgrund des Wetters und wegen Steinschlagssicherungsarbeiten hatten wir weite Strecken des Felsens und auch die Affen für uns alleine. Ein super schöner Tag auch wenn die Ausreise dann ewig dauerte weil wir mitten in den abendlichen Berufsverkehr gerieten. Da lobe ich mir den Schengenraum.
Gibraltar ist zwar ein Fels, aber kein richtiger Berg und so zog es uns wieder in die Berge. Ins bekannteste Klettergebiet Südspaniens, nach El Chorro. Bei unserer Ankunft begrüßte uns strahlend blauer Himmel und trockener Fels. Nach dem wechselhaften Wetter der Tage zuvor eine Wohltat und es ging sofort an den Fels, im Sektor Encantadas. Aber mehr als eine Route ging sich nicht aus bevor es schon wieder zu tröpfeln begann. Pauls Vorstieg wurde durch den Sturz eines Briten beim gesicherten Solo in der Nachbarroute jäh unterbrochen und auch beendet. Er hatte nämlich keine Lust mehr, als er den Briten kopfüber etwa einen Meter über dem Boden baumeln sah, das hätte definitiv auch blöd ausgehen können. So kam ich zum Zug, schöne Route, gut gesichert, nur ein wenig abgespeckt. So hätte es eigentlich weiter gehen können, aber der nächste Tag brachte Schlechtwetter. Ausweichprogramm sollte der inzwischen sanierte Caminito del Rey sein. Mit einem Shuttlebus fuhren wir 1¼ Stunden bis zur Embalse del Guadalahorce (normalerweise eigentlich ¼ Stunde Fahrt, ein Erdrutsch Anfang November hatte aber die direkte Straße zerstört). Von dort wandert man zum Eingang, leider war nirgends angeschrieben, dass einer der Wege gesperrt ist, so gings nach ein paar Minuten wieder zurück auf Los. Irgendwann kamen wir (und auch andere) doch am Eingangshäuschen an, um dort zu erfahren, dass der Zutritt für Kinder unter 8 Jahren nicht erlaubt sei. Keine Diskussion! Sehr schön, unsere Kinder dürfen nicht, wir dürften aber….sag mal, mitdenken ist nicht so ganz gefragt bei den Leuten, wir können die Kinder ja schwer an dem Häuschen stehen lassen. So traten wir den Rückweg an. Entgegen kamen uns Scharen von fußkranken (niederländischen) Rentnern, verkehrte Welt. Zumindest eine nette Wanderung entlang der Stauseen war es (1¾ Stunden, 100 hm, 4,5 km). Im strömenden Regen fuhren wir als Einzige im Bus zurück nach El Chorro, mit einem Busfahrer, der wie ein Henker fuhr und wir nur froh waren lebend aus dem Bus auszusteigen. Außer Spesen, immerhin 4,5€ pro Kopf und Fahrtrichtung, nichts gewesen. Am späten Nachmittag lichtete sich der Regen und wir konnten zumindest einen kleinen Spaziergang durch den Ort machen und die Sektoren Los Albacones und Castrojo erkunden. Das Wetter sollte aber nicht besser werden und so reagierte ich mich am nächsten Morgen noch schnell am Klettersteig Via Ferrata Caminito del Rey ab (Zustieg: ¼ Stunde, 100 hm; Klettersteig: 1 Stunde, 300 hm; Abstieg: ½ Stunde). Für den Flying Fox (Tirolina) sollte man übrigens Seilrollen mitbringen, diese sind nämlich nicht installiert!
Im einsetzenden Starkregen kehrten wir El Chorro den Rücken. Und siehe da, in Granada angekommen, hatte sich das Wetter gebessert und wir konnten einen gemütlichen Nachmittag in den Gassen und Bars des Albacins genießen. Schöner Nebeneffekt: der perfekte Blick auf die Alhambra und die verschneiten Gipfel der Sierra Nevada. Auf dem Weiterweg in den Norden dann wieder die uns bekannten Warnleuchten: Motornotbetrieb und Abgaswegstörung. Wir waren ganz schon genervt, nicht schon wieder. Was hat diese Werkstatt nicht noch alles kaputt gemacht? Ein Stopp in einer LKW und Nutzfahrzeuge Werkstatt in Murcia brachte die Diagnose, irgendeine Undichtigkeit in der Sprit- oder Abgasrückführung (so gut ist mein Spanisch auch wieder nicht). Das Teil muss bestellt werden, es ist Freitag und vor Montag gibt’s gar nichts. Für uns eine Katastrophe. Der Mechaniker in dieser Werkstatt war definitiv weniger gewinn-, dafür aber zielorientierter als seine Kollegen in Portugal. Mit Kabelbindern klemmte er die Schläuche ab und meinte, wir würden schon heim kommen und sollen das Teil dort tauschen. DANKE, und Kosten für das Fehlerauslesen und die Notreperatur: NICHTS. Die Kinder bekamen sogar noch Schlüsselanhänger. Und das wichtigste, wir waren wieder On The Road, am Weg nach Calpe. Während meiner Zeit in Valencia war ich mehrere Male am Peñón de Ifach klettern, mit den Kindern war natürlich nicht an das Mehrseillängenklettern in der Süd-Ostwand zu denken, aber eine Wanderung auf Spaniens größten Fels/kleinstes Naturschutzgebiet ließen wir uns nicht nehmen (↑1¼ Stunden, 300 hm; ↓¾ Stunde). Dort erlebten wir einen Wahnsinns Sonnenuntergang, mutterseelenalleine.
An der Font Salada nahe Oliva konnten wir unserem Reinlichkeitsbedürfnis nachgeben (immerhin die erste Wäsche seit der Atlantikküste). Die warmen Quellen waren der Hit um eine Runde zu Schwimmen und den imaginären Staub der Straße von uns zu waschen. Da machte es gleich doppelt Spaß im Nahen Gandia in das Klettergebiet
Marxuquera zuzusteigen. Eines meiner Lieblingsgebiete in der Comunitat Valenciana, super Fels, super Wetter und wir alle erkältet. Irgendwie lief es gerade nicht so wirklich rund, aber in der Sonne liegen und zusehen war auch gut. Nur ein Katzensprung von Gandia war dann unsere letzte „Pflichstation“ in Spanien,
Valencia.
Irgendwie war es wie nach Hause kommen. Bei einer Orxata schlenderten wir durch die Ciudad Blanca (Ciudad de las Artes y las Ciencias) vorbei an tausenden Touristen, entlang des Turias und zum Gulliver. Für die Kinder eine Riesenüberraschung, im wahrsten Sinne des Wortes. Es handelt sich dabei nämlich um den gefesselten Gulliver in Lilliput und jeder Rockzipfel und jede Falte können beklettert und gerutscht werden, ein Traum für Klein und Groß. Einen Katzensprung entfernt ist die Pont de la Mar an der wir während des Studiums immer bouldern waren. Karin und Paul genossen die Boulderei an der Sandsteinbrücke. Für mich hieß es leider pausieren, die Erkältung hatte mich inzwischen komplett niedergestreckt. An der Pont de l'Exposició konnte ich den Kindern von meinen
Jugendsünden erzählen, bevor wir zum Auto zurückkehrten und nach Mavarrosa fuhren. Einer der schönsten Stadtstrände die ich kenne. Mehr als einen kurzen Blick gabs aber nicht für uns, da es ausnahmsweise wieder mal zu regnen begann. So hatte ich zumindest eine gute Ausrede noch eine Runde durch Benimaclet zu fahren. Irgendwie hatte sich das Viertel nicht geändert, einfach schön. Noch ein bisschen schöner war es, dass Chanti und Joël von den Kanaren zurück waren und wir sie an dem Abend wiedersahen. Sie begleiteten uns noch einen Tag Richtung Norden und verbrachten noch die letzte Nacht in Spanien zusammen mit uns, bevor sie die restliche Strecke nach Hause durchballerten. Für uns gab es noch einen Zwischenstopp in Sète. Aber nur einen kurzen, der Strand war nämlich wegen Ölverunreinigung gesperrt, es sollte eine kalte Nacht werden und so verlegten wir die Nacht etwas weiter nach Norden, da war es wenigstens windstill. So durchquerten wir Frankreich in Richtung Schweiz und das nahezu mautfrei. Die meisten Mautstationen wurden von Demostranten gegen Macrons Dieselsteuer besetzt und so gabs für die Kinder jede Menge zu sehen. Schon aufregend so brennende Barrikaden an den Mautstationen.
In Interlaken begrüßte uns dann Dani. Durch seine herzlichen Art und seine Gastfreundschaft verbrachten wir eine wunderbare letzte Nacht unseres Urlaubs bei ihm. Am nächsten Tag kehrten wir dann heim, nach 80 Tagen auf Achse (und 78 Nächten im Bus). Endlich mehr als 6 Quadratmeter. Die Reise war lang und sehr eindrucksvoll. Wir sind viel geklettert und ich habe mit Surfen einen neuen Sport für mich gefunden. Manchmal sind wir auch an unsere Grenzen gestoßen. Vor allem die Schäden an unserem Bus und das schlechte Wetter in der zweiten Hälfte der Reise machten nicht alles eitel Wonne, Sonnenschein. Aber am Ende haben wir alles irgendwie geschafft, sowohl Reparaturen zu organisieren, als auch unsere Route total zu ändern, wie auch uns auch immer wieder zusammen zu raufen. Marokko werden wir sicher auch irgendwann besuchen, aber wahrscheinlich nicht mit dem eigenen Auto. Schade dass unser Bus damit keinen weiteren Kontinent gesehen hat.