Der Biancograt....kaum ein (halbwegs) ambitionierter Bergsteiger der den Namen nicht kennt. Der wahrscheinlich bekannteste und schönste Anstieg der Alpen. Im weiteren Verlauf kann man dann über einen schmalen Felsgrat auf den Piz Bernina (oder auch nicht). Begonnen hatte alles am Samstag in Pontresina mit Tommi bei Regen. Den Hüttenzustieg zur Tschierva-Hütte, eigentlich landschaftlich der Wahnsinn, brachten wir in 2 3/4 Stunden hinter uns. Am Abend kam auch noch ein Bergführer (
Edi) und sein Gehilfe (Lukas) mit vier Kunden und dem Ziel Biancograt an der Hütte an.
Um 3 Uhr beim Aufstehen hatte sich das Wetter nur soweit verändert, dass kein Regen mehr aus dem Nebel fiel. Naja egal, Start um 3:45 Uhr. Bei der Querung unterm Monteratsch passierte uns dann unser erstes Missgeschick, ein Verhauer und zwar ein gewaltiger. Wir suchten den Übergang zuerst zu hoch, als wir ihn nirgends fanden stiegen wir zum Bruch ab und versuchten es dort. Als wir dann Edi mit den Anderen weiter oben sahen, stiegen wir wieder auf (die hatten aber auch einen Verhauer) und nach einer Stunde waren wir endlich wieder alle am richtigen Weg. Der Vorteil für uns, Edi und seine Gruppe hatten Schneeschuhe dabei und konnten uns eine gute Spur am Gletscherbecken unter der Fuorcla Prievlusa anlegen. Der Klettersteig zur Fuorcla war dann total vereist und Seil war auch (noch?) keines drinnen. Trotzdem war er schnell geschafft und ich spurte weiter zur Fuorcla hinauf. Hier standen wir zum ersten Mal in der Sonne (leider erst nach 5 Stunden statt der eingeplanten 2-3 Stunden, der knietiefe Schnee hatte uns alle ziemlich gebremst). Der Felsgrat zum eigentlichen Biancograt war dann lustige Steigeisenkletterei und das Spuren unter dem großen Gendarmen glich eher einem Schwimmen in bauchtiefem steilen Faulschnee als Bergsteigen. Aber nach 2 1/4 Stunden war auch dies geschafft und wir standen endlich am Joch vor dem letzten Gendarmen und sahen den Grat vor uns (leider nicht ganz weil durch die Erwärmung die Nebel herauf gezogen waren und wir ab dieser Zeit den Rest des Tages im Nebel standen). Die Spurerei wurde am eigentlichen Biancograt leider nicht weniger oder besser. Der Altschnee war leider nicht verfestigt und so sanken wir bei jedem Schritt über die Knie ein. Tommi und ich wechselten uns ab und nach etwa der Hälfte des Grates holte uns auch noch Lukas ein und spurte auch etwa 1/4. Den Rest spurten wir im Wechsel mit Edi bis zum Gipfel. Diesen erreichten wir nach 3 1/4 Stunden also nach 10 1/2 Stunden von der Tschierva aus (wir hatten mit Trittfirn und ca. 6 Stunden gerechnet). Ein Blick auf den Verbindungsgrat zur Bernina lies unser Herz in die Hose rutschen. Die Schlüsselstelle der Tour, eine III in trockenem Fels, war voller sulzigem Schnee auf allen Türmen und Flanken. Edi beschloss hier umzukehren, zu groß wäre das Risiko mit der Guppe in dem Schnee abzurutschen und sich zu verletzen bzw. die ganze Gruppe in den Tod zu reißen. Da er die Tour kennt und damit auch die Möglichkeit sie bei diesen Bedingungen zu klettern (und abzusichern) einschätzen konnte, schlossen wir uns seiner Entscheidung an. Zusammen mit den anderen kehrten wir um (also keine Nudeln im Winterraum der Marco e Rosa Hütte, sondern den ganzen Mist wieder zurück). 60 Minuten später erreichten wir wieder den großen Gendarmen und weitere 3 Stunden, einige beschissene Abkletteraktionen, einer großen Lawine in der Ostflanke und einem Hosenbodenrutschabstieg von der Fuorcla später standen wir wieder am Gletscherbecken unter der Fuorcla und waren glücklich die Steigeisen endlich ausziehen zu können. Die restlichen 2 Stunden zur Tschierva-Hütte verliefen ereignislos und so fielen wir 17 Stunden nach unserem Aufbruch in unser Lager, mit etwas angeschlagenem Stolz (naja in letzter Zeit war ich bei meinen Touren etwas erfolgsverwöhnt). Zurück blieben Eindrücke von einer wunderschönen Tour (auch ohne 4000er) und dem Lob und Anerkennung (und das von einem Bergführer) für unsere Spurarbeit.
Sonntag: Es regnet und zwar den ganzen Weg nach Pontresina, immerhin auch 2 1/4 Stunden. Leider wird der Weg durchs Val Rosseg nicht kürzer. Auch wenn es hier schön ist haben wir vorerst die Schnauze gestrichen voll vom Oberengadin. Den Piz Bernina probieren wir sicher wieder, allerdings nicht mehr über den Biancograt, vielleicht über die NW-Wand? Aber wer kann schon über sich sagen den Biancograt eingespurt zu haben und auf ihm auf- wie auch abgestiegen zu sein.