Direkt nach unserer Rückkehr aus Bleau, hieß es für mich neu packen. Ich reiste nämlich weiter in die USA. Zum einen, um meine Kollegen im LTC in Tonawanda, New York, zu besuchen und zum anderen, um an einem Workshop in den Labors der NASA WSTF in Las Cruces, New Mexico, teilzunehmen. Zwei sehr anstrengende und arbeitsreiche Wochen, in denen aber dennoch ein bisschen Zeit für Freizeitaktivitäten blieb.
Tonawanda liegt in direkter Nachbarschaft zu den Niagara Fällen. Durch die räumliche Nähe bot sich mehrmals die Möglichkeit diese am Abend zu besuchen. Von der amerikanischen Seite in Niagara Falls und Goat Island, aber auch von der kanadischen Seite. Zusätzlich ist die Schlucht flussabwärts der Fälle ein schönes Naherholungsgebiet, in dem man schnell aus dem hektischen Arbeitsalltag ausbrechen kann. Persönlich hat mir der Whirlpool Trail (1½ Stunden, 200 hm, 7 km) am besten gefallen, aber auch der Art Park Trail (½ Stunde, 80 hm, 2 km) und Devils Hole Trail (½ Stunde, 120 hm, 1 km) sind nette kleine Spaziergänge, auf denen ich weitgehend alleine war.
Von Upstate New York ging es weiter ins südliche New Mexico, nach Las Cruces. Über diesen Reiseabschnitt will ich mich lieber ausschweigen, nur so viel: Flugverspätungen, Umbuchungen und total bekifftes Hotelpersonal können sehr anstrengend sein und aus einer 8 Stunden Reise schnell mehr als 20 Stunden werden lassen.
Trotz all dieser Widrigkeiten hatte ich doch noch zwei Tage Zeit mir die Umgebung von Las Cruces etwas genauer anzusehen. Zum einen bei einer Wanderung/Bergtour in den Organ Mountains und bei einem Spaziergang im White Sands National Park.
Die Organ Mountains sind der südlichste Teil der San Andres Mountain Range, felsige Nadeln die sich aus der Wüste erheben. Meine Wanderung auf die Organ Needle (2738 m) führte mich von La Cueva über den Fillmore Fall steil hinauf zum Juniper Saddle (1¾ Stunden, 740 hm, 4,5 km). Anstatt am Sattel eine Pause zu machen, stieg ich noch auf einen kleinen Gipfel nebenan, um die Aussicht und vor allem meine Rast alleine zu genießen (¼ Stunde). Vom Juniper Saddle führt der immer schmaler werdende Steig steil hinauf zu den Westwänden der Needle und weiter zum Hummingbird Saddle südlich des Gipfels (¾ Stunde, 360 hm, 1,2 km). In der Tourenbeschreibung hatte ich schon gelesen, dass hier Ingraham's Gully (easy YDS 5th, ~UIAA 2-3) abzweigen soll. Eine wirklich schöne und lustige Kraxelei in bestem Fels. Der Gully, mit einer kurzen Wandstelle nach einer kurze Querung, führt in logischer Linie direkt zum Gipfel (¼ Stunde, 50 hm). Dabei war ich dann auch noch gleich die große Show für eine Wandergruppe, die von der Normalroute (YDS 3rd-4th) gerade zum Sattel zurück kam. Am Gipfel angekommen waren noch zwei Jungs dort, denen ich am Weg schon mehrmals begegnet war und deshalb die längere Pause am Juniper Saddle gemacht hatte. Sie verabschiedeten sich aber ziemlich schnell und so hatte ich den Großteil meiner ½ Stunde Pause für mich allein.
Der Abstieg führte mich über den Normalweg (sogar mit einem kurzen Fixseil gesichert) zurück zum Hummingbird Saddle (übrigens konnte ich dort wirklich einen Kolibri beobachten) und dann den bekannten Steig hinunter zum Fillmore Fall (1¼ Stunde). Hier entschied ich mich einen kleinen Umweg nach Dripping Springs zu machen (½ Stunde, 70 km, 2,5 km), um mir das Visitor Center (¼ Stunde Pause) und am Rückweg zum Auto noch La Cueva (½ Stunde, 30 hm, 2 km) anzusehen. Nach dieser doch recht ausgedehnten Runde (6 Stunden, 1300 hm, 13,5 km), war ich froh in den kühlen Pool zu springen und dann nur noch an meinem Kissen zu lauschen.
Am nächsten Tag unternahm ich einen Ausflug in den White Sands Nationalpark. Dort gibt es mehrere Trails (Playa Trail (¼ Stunde, 0,6 km), Dune Life Trail (½ Stunde, 1,6 km) und Alkali Flat Trail (2 Stunden, 200 hm, 8 km)) von denen mir der letzte am besten gefallen hat. Er führt, mit ein paar Stangen markiert, direkt durch das Herz der Dünenlandschaft. Der weiße (Gips-)Sand war angenehm kühl in der sonst brennend heißen Wüste. Die Dünen werden auch zum Rodeln verwendet, was ziemlich lustig aussah.
Auf dem Weg zurück nach Las Cruces besichtigte ich noch den Missile Ground im White Sands Missile Range, nicht ganz einfach als Ausländer da rein zu kommen, mit etwas Hartnäckigkeit aber auch kein Problem. Und danach genoss ich noch den frühen Abend, bei den Aquirre Boulder in den Organ Mountains. In der Kühle der Berge, an einem kleinen Bach, konnte ich ein bisschen zur Ruhe kommen und Energie tanken.
Für die folgenden Tage benötigte ich diese Energie. Zwei Tage Workshop und zwei Tage Task Group Meeting der ASTM G04 bei der NASA WSTF in Las Cruces. So etwas cooles hab ich noch nicht erlebt, so viel Raumfahrtgeschichte auf einen Haufen und ich mittendrin, aber anstrengend war es auf jeden Fall.
In WSTF lernte ich Jon kennen, begeisterter Kletterer, dessen zweite Heimat die Organs sind. Er brachte mich auf die Idee, am Heimweg noch einen kleinen Abstecher in den Hueco Tanks zu machen. Wer konnte auch ahnen, dass die nur ½ Stunde vom Flughafen El Paso entfernt sind. Was soll ich sagen, WOW. Es begann zwar etwas holprig, da ich keine Permit-Reservierung bekam, aber weil ich direkt bei Parköffnung auf der Matte stand, erhielt ich eines der Permits, die nicht reservierbar sind. Und so hatte ich um ½ 9 Uhr meine "Orientation" absolviert und war frei mich am North Mountain zu bewegen. Der Chains Trail brachte mich direkt hinauf zur Grenade, wo ich mich kurz an Man of Leisure (V0-) aufwärmte, bevor ich mich an Nobody Here Gets Out Alive (V2) probierte. Ein bisschen nervös war ich schon, aber vollkommen unbegründet. Nach meinem Flash musste ich diese "beste V2 in der Welt" gleich noch zweimal machen, für Fotos und Videos. Und es machte Spaß, jedes Mal. Nun hatte ich getan, wofür ich gekommen war, die Sonne stieg höher in den Himmel und langsam kamen andere Boulderer, so kletterte ich noch über die Begrenzung der Fern Wall zum Gipfel und wanderte kreuz und quer über den North Mountain. Dabei besuchte ich unter anderem Cave Kiva, North Mountain Summit und Upper/Lower Site 17. Während dieser Wanderung kam ich wieder an der Rotten Potato vorbei. Für Woman of Leisure (V1) musste ich sogar die Kletterschuhe aus dem Rucksack holen, Eye Gouger (V0-) machte ich dann aber zum Abschluss barfuß. Nach etwa 4 Stunden (200 hm, 5 km) musste ich den Huecos den Rücken kehren, um meinen Rückflug nicht zu verpassen.
Was für zwei aufregende Wochen. Unglaublich viel Input, sowohl Intellektuell, wie auch für meine Bergsteigerseele. Danke Karin, dass du das alles mit den Kids so gut schaffst, damit ich so coole Sachen machen kann. Jetzt freue ich mich aber wieder auf zu Hause, auf Karin und die Kids.